SPD Stuttgart-Zuffenhausen

 

Stellungnahme der SPD-Regionalfraktion zum Haushalt des Verbands Region Stuttgart für das Jahr 2011 und die mittelfristi

Veröffentlicht in Anträge

Angesichts der durchaus erfreulichen Entwicklungen in der Wirtschaft in Baden-Württemberg, auch in der Automobilindustrie, glauben viele, die Auseinandersetzung um die Konsequenzen der Wirtschafts- und Finanzkrise könne man beenden.

Stellungnahme der SPD-Regionalfraktion zum Haushalt des Verbands Region Stuttgart für das Jahr 2011 und die mittelfristige Finanzplanung
Fraktionsvorsitzender Harald Raß
(öffentliche Sitzung der Regionalversammlung am 20.10.2010)

Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

angesichts der durchaus erfreulichen Entwicklungen in der Wirtschaft in Baden-Württemberg, auch in der Automobilindustrie, glauben viele, die Auseinandersetzung um die Konsequenzen der Wirtschafts- und Finanzkrise könne man beenden.
Die finanzielle Lage der Gemeinden, Städte und Kreise spricht eine deutlich andere Sprache. Das ist heute nicht Gegenstand der Beratungen, aber die Beratungen werden davon maß-geblich beherrscht.

Die Kommunen in Baden-Württemberg haben in den Jahren 2006 bis 2008 im Landesdurch-schnitt ihre Haushalte jeweils mit vergleichsweise hohen positiven Finanzierungssalden ab-schließen können. 2008 lag der Saldo noch bei rund + 1,8 Mrd. €, 2009 jedoch schon bei – 1,7 Mrd. €. Für 2010 wird ein Defizit von -2,3 Mrd. € erwartet.
Der Tiefpunkt wird allerdings erst 2011 durchschritten werden müssen.

Dieser Entwicklung haben wir bereits im Regionalhaushalt 2010 Rechnung getragen und auch der jetzt vorliegende Entwurf wird dem in seinen Grundzügen gerecht. Die Handlungs-möglichkeiten der Region sind ja nicht gerade „überwältigend“. Die Anträge, die heute einge-bracht und in den Ausschüssen beraten werden, werden zeigen, wo noch „Spielräume“ sind, wobei „Spielräume“ eigentlich der falsche Ausdruck sind. Es geht ja nicht um: „Mensch ärge-re dich nicht.“

Mit der Kürzung der Regionalumlage und den Kürzungen im Verkehrshaushalt sind ja bereits auf der „Einnahmenseite“ erhebliche Anstrengungen unternommen worden. Weiter zu gehen, würde ohne deutliche Einschränkungen der Aufgaben zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger und der gesetzlichen Aufgaben der Region nicht möglich sein.

Die Region muss andererseits wegen ihrer Aufgaben und der dafür notwendigen Mittel nicht gespielte Bescheidenheit an den Tag legen. Im Gegenteil: Wir brauchen Selbstbestimmung und Selbstbewusstsein und ganz bestimmt keine Selbstentmachtung. Und damit letztlich auch eine eigene Finanzquelle – wie auch immer die aussehen mag.

Stuttgart 21 und Neubaustrecke

Die Legitimationskrise, nicht nur bei Stuttgart 21, aber dort besonders anschaulich, ist offen-sichtlich. Sie aufzulösen, wird nicht einfach sein.

Die Zeiten des Preußenkönigs Friedrich II. „räsonnirt, so viel ihr wollt und worüber ihr wollt, aber gehorcht!
sind vorbei.

Dabei helfen weder Populismus, der die Sinne vernebelt, anstatt sie aufzuhellen; der Stim-mungen nutzt, statt zu argumentieren,
noch Konfrontationsstrategien. Konfrontationen müssen scheitern, wie die Landesregierung mit dem Polizeieinsatz am Tag nach unserer Regionalversammlung bitter erfahren musste. Der Ruf des Landes wurde massiv beschädigt, aber auch die Glaubwürdigkeit des Projekts.
Zwecke sind nicht unempfindlich gegen die Mittel, die eingesetzt werden. Wir brauchen mehr Sensibilität beim Zusammenhang von Zweck und Mitteln.

Im Spiegel standen diese Woche folgende bemerkenswerte Sätze:
„Das Bürgertum zürnt mit den etablierten Parteien, obwohl es sich auch ordentlich regiert fühlen könnte. Deutschland ist so gut wie kein anderer Staat aus der Finanzkrise herausge-kommen, und das schlägt sich jetzt in einer stolzen Wachstumsrate und Lohnerhöhungen nieder. Ab das lindert die Unzufriedenheit nicht.“ Weder bei „Wutbürgern“ noch bei „Mutbürgern“.

U.a. deshalb wurde Herr Geißler wurde als „Schlichter“ benannt.
Wobei schon der Begriff irreführend ist. Denn Ende November wird ja kein Schlichterspruch bekannt gegeben, auf den sich beide „Parteien“ einigen können. Sondern es wird, wenn es gut geht, Empfehlungen geben, wie der Konflikt entschärft werden kann und vor allem, wie in der Zukunft Bürgerbeteiligung einerseits, aber vor allem Entscheidungen durch die Bürger selbst getroffen werden können.

Die Rolle von Heiner Geißler kann man auch so beschreiben:
„Erfolgreiche Schlichter wissen, was mögliche Kontrahenten wünschen: Anschauungsunter-richt.“

In der Verkehrsfinanzierung hat sich nichts entscheidendes gebessert und der Verband ist nach wie vor eingeklemmt zwischen

• den Zuweisungen des Landes,
• den Umlagen, die bei den Landkreisen erhoben werden,
• den vertraglichen Verpflichtungen aus der Verbundstufe II,
• der Einnahmezuscheidung,
• den Schienenaußenstrecken und
• der Tarifpolitik des VVS.

Im VVS haben wir – obgleich größter öffentlicher Gesellschafter - eine wichtige, aber eben nicht bestimmende Größe.
Dies ist und bleibt unbefriedigend. Vor allem fehlt es an Transparenz, in den Entscheidungs-wegen und den Entscheidungsgründen.

Angesichts der jährlich wiederkehrenden Diskussionen im Verkehrsausschuss über Tarifer-höhungen im VVS wird deutlich, dass eine Anpassung des Gesellschaftervertrags des VVS und der übrigen Verträge zur Verkehrsfinanzierung in der Region unumgänglich ist, wenn man die Entscheidungen im VVS auf eine neue, transparente Grundlage stellen will.
Der Verband Region Stuttgart ist als größter öffentlicher Gesellschafter hierbei gefordert, eigene Vorschläge zu entwickeln und in den VVS einzubringen. Diesen Prozess wollen wir mit unserem Antrag starten. Denn: Verkehrsfinanzierung ist immer das Bohren von ganz besonders dicken Brettern.

Bei den Schienenaußenstrecken haben wir den Antrag eingebracht, die an die Bahn zu zahlenden Mittel um 2 Mio. € zu kürzen. Die Diskussion über die Finanzierung der SAS ist in vollem Gange. Erreicht wurde bisher, dass die DB einen festen Anteil aus der Einnahmezuscheidung erhält. Dieser Anteil ist aber u.E. zu hoch. Derzeit haben wir einen Übergangsvertrag, der nach unserer Auffassung so nicht verlängert werden darf. Deshalb müssen die Verhandlungen mit der Bahn auch mit einer gewissen Konfliktbereitschaft weiter geführt werden.

Ziel muss für die Region aber immer die einheitliche Aufgabenträgerschaft sein, so wie dies die Regionalversammlung bereits mehrfach gefordert hat. Aufgabenträgerschaft ist ein sperriges Wort und ein sperriger Begriff so wie die Materie selbst. Und es mag Gründe dafür geben, alles so zu belassen, wie es ist (Beamtengrundsatz). Aber die ziehen nicht.

„Die Strukturen der Region sind nicht mehr zeitgemäß, Am deutlichsten wird dies am Beispiel des regionalen Schienenverkehrs. Der VRS managt die S-Bahn, die Landkreise über Zweck-verbände die Nebenbahnen. Das ergibt keinen Nahverkehr aus einem Guss. Für eine Metropolregion ein untragbarer Zustand.“
(Frank Schwaibold in den StN am 19.02.10.)

Die neue Landesregierung im nächsten Jahr muss endlich gesetzliche Initiativen auf diesem und auf anderen Gebieten ergreifen. Als mögliche Bereiche kommen für uns neben dem öffentlichen Personennahverkehr, die Krankenhäuser und Berufsschulen in Betracht. Für diese Aufgaben sind die dafür notwendigen Finanzbeziehungen zwischen Land, Region, Landkreisen und Kommunen selbstverständlich neu zu regeln.
Wir sind als Verband natürlich aufgefordert solche Entscheidung im Land durch eigene Initia-tiven zu unterstützen.
Besonders freut uns in diesem Zusammenhang natürlich, dass sich in der letzten Zeit sowohl aus der CDU (Regionalvorsitzender Pröfrock) als auch vom Verkehrssprecher der FDP-Regionalfraktion (Herr Weng) Stimmen für einheitliche Aufgabenträgerschaft bei der Region vernehmlich wurden.

Die Angebotserweiterungen der S-Bahn am Wochenende sind ein großer Erfolg sind. Die-se können jedoch nur ein Zwischenschritt sein, wenn der ÖPNV die veränderte Lebenswirk-lichkeit der Menschen in der Region und in der Metropolregion angemessen abbilden soll. Weitere Verbesserungen müssen folgen, sowohl beim Takt als auch beim Platzangebot. Die notwendigen Entscheidungen für die Bestellung neuer S-Bahn Fahrzeuge müssen im kom-menden Jahr getroffen werden. Wir sind zu offenen Gesprächen mit den anderen Fraktionen und mit der Verwaltung über den besten Weg bereit.

Die jetzt laufenden S-Bahn-Ausbauvorhaben der S 60 und S4 zeigen, wie lang und mühsam der Weg von der Planung bis zur Fertigstellung sein kann. Deshalb haben für uns weitere Untersuchungen des Ausbaus der S-Bahn in den Landkreis Göppingen und dessen zügige Integration in den VVS oberste Priorität. Daneben sollten wir aber auch andere Vorhaben, wie den Ausbau der S-Bahn Richtung Neuhausen und Vaihingen/Enz nicht aus den Augen verlieren.

Nach der Genehmigung des Regionalplans, dessen konsequente Umsetzung wir unterstüt-zen, muss die Region nun mit dem Regionalverkehrsplan einen weiteren wichtigen Beitrag zur Verbesserung der künftigen Entwicklung der Infrastruktur in der Region leisten. Das Zah-lengerüst liegt hoffentlich im kommenden Jahr auf dem Tisch. Es kommt im neuen Planwerk darauf an, die Themen Feinstaub, Lärm, Stau und Demografie angemessen zu berücksichti-gen. Auch das Thema Logistik muss wegen seiner Bedeutung für die Wirtschaft in unserer Region eine wichtige Rolle spielen.
Wir wollen den Regionalverkehrsplan noch in dieser Amtsperiode verabschieden, weil wir bei einer Verzögerung Nachteile für unsere Region im Hinblick auf die Entscheidungen von Bund und Land befürchten und der inhaltliche und zeitliche Zusammenhang von Regionalplan und Regionalverkehrsplan sonst auseinanderzufallen droht.

Im Bereich der Wirtschaftsförderung haben wir – nicht haushaltswirksame – Anträge ge-stellt, die die Wirtschaftförderung insgesamt stärken und um - die Erfahrungen des letzten Jahres aufgreifend - auf mögliche Krisen rascher und gezielter reagieren zu können.
Dies beinhaltet die Kooperation mit den kommunalen Wirtschaftsförderern muss weiter insti-tutionalisiert und verbessert werden und gilt auch für die entsprechenden Stellen des Landes.
Wir wollen eine verbesserte Zusammenarbeit mit den Hochschulen in der Region, um bei den Studierenden das Interesse an der Wirtschaftsförderung zu intensivieren.

Wir werden die WRS beauftragen, Finanzierungsinstrumente für Firmen in der Krise zu prü-fen bzw. im Gespräch mit den Anbietern diese Finanzierungsinstrumente verbessern zu hel-fen.

KMU müssen noch näher an die Wachstumspotenziale der Zukunft herangebracht werden.

Und „ganz nebenbei“ muss die Wirtschaftsförderung Strukturwandel etwa im Automobilbe-reich hin zu neuen Antriebstechnologien begleiten und fördern, Netzwerke aufbauen und betreuen. Modellregion realisieren.

In den Zielen des Vereins KulturRegion heißt es:

„Zusätzlich zum eigenen kulturpolitischen Profil jeder Gemeinde widmet man sich der Bear-beitung eines besonderen Themas oder der Konzeption einer Veranstaltungsreihe, die an Ausmaß und Qualität das übersteigt, was in einer einzelnen Kommune möglich wäre. Das erreichte Ganze ist somit deutlich mehr als die Summe der einzelnen Elemente. Durch die Arbeit an den Projekten wird generell die Zusammenarbeit der Städte und Gemeinden ge-stärkt.

Die Projekte sollen nicht etwa die Kulturarbeit in den einzelnen Städten ersetzen, sondern Weitergehendes ermöglichen.“

Kommunale Selbstverwaltung definiert sich ja nicht nur über die Pflichtaufgaben, sondern ganz wesentlich über Freiwilligkeitsleistungen z.B. auf dem Gebiet der Kultur. Es ist unsere Aufgabe, regionale Identität auch über die Kulturarbeit in der Region zu fördern. Ganz im Sinne der KulturRegion.

Deshalb hat der WIV in seiner letzten Sitzung am 24.09. beschlossen, ein Konzept für die Kulturregion zu entwickeln und dafür auch die bereits in der Finanzplanung und im diesjähri-gen Haushalt eingestellten Mittel zu verwenden.

Wir stehen zu diesem Beschluss, haben ihn mit auf den Weg gebracht und erwarten, dass die Kultur in der Region mit der Sportförderung vergleichbar wird. Dies wird zwar im Einzelnen noch zu beraten sein, aber diese grundsätzliche, oder wenn Sie so wollen, diese Ten-denzaussage ist uns wichtig.

Schlussbemerkung

Unsere Gesellschaft verändert sich. Viele alte Sicherheiten tragen nicht mehr. Die Zeichen stehen auf Veränderung. Es geht darum, diese Veränderungen zu gestalten und nicht nur hinzunehmen. Wichtige Ansätze habe ich für unsere Fraktion heute zusammengefasst.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

 

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